JORDAN CRANDALL
DRIVE

Kurator: Peter Weibel

27 Januar - März 2000

Neue Galerie
am Landesmuseum Joanneum

 

Drive ist eine siebenteilige Videoinstallation, die traditionelle Filmtechnologien mit militärischen Erkennungs- und Zielbearbeitungstechnologien verbindet.

In der Verbindung zwischen Alt und Neu, Analog und Vernetzt, Zivil und Militärisch, vermittelt Drive eine post-filmische Sprache, eine Sprache, die spezifische historische und politische Resonanzen hat.

Jordan Crandall schreibt: „Das Kino hat dazu beigetragen, die Reihe von Konventionen zu erstellen, durch welche die Welt der Bewegung heute dargestellt wird. In computerisierten Verfolgungs- und Zielbearbeitungssystemen wird Bewegung jedoch anders angezeigt. Sie wird über die Verarbeitung ihrer Computerdaten dargestellt. Das Format der Datenbank wird auf das filmische Bildfeld gelegt, so werden die beiden Technologien vermischt und ergeben eine neue Art von bewegtem Bild. Mit der Nutzung neuer, sich ausbreitender Technologien, eingebettet in nationale und internationale Systeme der Kriegskunst, stellen diese Bilder weniger die Bewegungen dar, als daß sie diese verfolgen. Oder, wie es Peter Weibel beschreibt, sie markieren eine Verschiebung von der Darstellung zur Verarbeitung.

In der Verschiebung vom kinematografischen Paradigma zur visuellen Datenbank betont Drive die militarisierten Komplexe, in welche moderne Bilder eingebettet sind, die entstehenden Reglementierungsformate und die besondere Art, in der sie das Sehen ‚bewaffnen‘. Es zeigt, wie tief diese Formen und Prozesse mit den wechselnden Mustern der Wahrnehmung und Verkörperung verbunden sind.

Mit diesem militarisierten, ‚strategischen Sehen‘, registriert Drive einen exhibitionistischen Impuls - ein ‚Zurückschauen‘. Dieser Impuls ist in neue Prozesse der Identifikation, Integration und Verkörperung als Quellen erotischer Lust eingebunden. Drive betrachtet die neuen erotischen Welten, die sich innerhalb einer Struktur auftun, die ansonsten lediglich als Beobachtungstechnik angesehen werden kann. Diese Welten umfassen neue Verbindungen zwischen Mensch und Maschine, eine neue Intimität und invasive Lust, die die Privatsphäre usurpiert, sowie neue Formen des simultanen Sehens und Gesehenwerdens, die dazu führen, daß die Konturen des Körpers, seiner Wünsche und seines Orientierungssinnes in der Welt verändert werden.

Die Ausstellung wird von einem 256 Seiten starken Buch begleitet, das als Katalog zur Ausstellung dient und eine Sammlung von Crandalls Schriften zwischen 1994 und 1999 enthält.

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TRACK 1 : Rhythmus / Bewegung / Maschine

TRACK 2 : Datenbank

TRACK 3 : Zwang / Registrierung

TRACK 4 : Matrix ( Vater / Kind / Zeuge )

TRACK 5 : Körper / Fahrzeug / Hitze

TRACK
6 : Projektil / Starrer blick

TRACK 7 : Analysieren / Verletzen / Beschützen

Die Frühjahrsausstellungen der Neuen Galerie Graz stehen unter dem zentralen Thema "Wahrnehmung". Eingeleitet wird die Reihe mit JORDAN CRANDALL-DRIVE. Für die Neue Galerie hat Jordan Crandall eine auf sieben Räume verteilte Videoinstallation (Track 1-7) geschaffen. In seinen Arbeiten, Vorträgen und Essays setzt sich Crandall mit den kulturellen und politischen Dimensionen neuer Technologien auseinander.

Jordan Crandall ist ein "Überwacher": er beobachtet und analysiert das Verhältnis Körper-Maschine, zwischenmenschliche Beziehungen, menschliche Verhaltensweisen (Obsessionen, Routinen...) und Körperbewegungen im Spannungsfeld einer militarisierten Zivilgesellschaft. Seine "Kameraführung" ist so konzipiert, daß selbst der Besucher zum Beobachter, zum Beteiligten wird.

Jordan Crandall inszeniert seine Videos mit neuesten Videotechnologien (DVD=Digital Video Disc). Das Ursprungsmaterial (z.B. ein von ihm gedrehter 16mm Film, Satellitenaufnahmen, Aufnahmen von Überwachungskameras, Nachtsichtgeräten oder von der Kamera einer "intelligenten" Bombe ) manipuliert er zu einer raffinierten Videomontage (auf DVD transferiert). Seine Videos projiziert er in der Neuen Galerie auf raumfüllende Leinwände, die Bilder erhalten einen monumentalen Charakter, unterstrichen durch effektvolle "sound tracks".

Jordan Crandall (geb. 1960, lebt und arbeitet in New York) ist Künstler und Medientheoretiker. 1997 war er an der Documenta X in Kassel (1997) beteiligt und 1999 in der Ausstellung Netz_Bedingung (steirischer herbst 99).

Drive wurde mit Unterstützung der Neuen Galerie am Landesmuseum Joanneum Graz, Eyebeam Atelier, New York, und der Filmmakers Collaborative, New York, durchgeführt. Zusätzliche Unterstützung wurde geboten durch ZKM, Karlsruhe. Die DVD-Produktion wurde von Zuma Digital, New York beigestellt.